Die Band geht wieder auf Tour. Auftakt in Neuruppin. Auch wenn die letzte Bahn (22:32 Uhr) voraussichtlich vor Ende des Konzerts abfährt, mache ich mich aus Berlin auf den Weg. („Wann fährt der Nachtbus nach …“ gilt hier nicht, hier fährt so spät nur noch die Regionalbahn).

Eine gut gelaunte Kapelle beginnt und der Meister kommt mit John Maynard dazu. Grebe hält sich am Klassiker vieler Deutschkurse fest und eröffnet den Abend lyrisch, dramatisch. Bevor er in die Künstlerpension geht, ist die Krankheit Thema. Allerdings geraffter als im letzten Jahr. Es gibt genug neue, bisher nicht auf Platte veröffentlichte Songs zu spielen und der Abend ist wie immer thematisch sehr abwechslungsreich. Grebes Texte lassen einen lachen, nachdenken, weinen und manchmal auch mitklatschen. Das Publikum ist divers, mit großem Altersspektrum. Manche sitzen, manche stehen. Für mich ist es das erste Grebe-Konzert, bei dem es diese Auswahl gibt. Tanz und Moshpit fehlen noch, aber es zeigt hervorragend, dass die Musik von Band und Grebe so viel mehr als Kabarett und Liedermacherei ist. Immer wieder sehe ich Menschen im Publikum tanzen.

Nach dem zu frühen Tod von Schlagzeuger Martin Brauer 2021 und den gemeinsamen Abschiedskonzerten im Tipi 2022, ist die Kapelle mit Neubesetzung Onkel-Markus Lingner am Schlagzeug eingespielt. Die drei Musiker ergänzen den Frontman und stützen, wenn ein Nebelteppich kommt. Onkel, der anscheinend ein erfolgreiches Praktikum bei Stammtechniker Franz Schumacher absolviert hat, rückt Grebes Mikrofon wieder zurecht. Marcus Baumgart grinst sichtbar bei Kommentaren zum Weinhändler in sich hinein und Serge Radke singt auch ohne Mikrofon lauthals bei Massenkompatibel mit. Diese Kapelle funktioniert, rockt und macht enorm Spaß. Vor den Zugaben muss ich mich leider zum Bahnhof verabschieden. Bis hierhin waren es schon über zwei Stunden. Zuletzt stand ich auf einem die Ärzte Konzert, das war nur etwas länger, ich aber deutlich verschwitzter. Vielleicht gibt es mit dem Best-of Programm im nächsten Jahr mal ein Fan-Konzert im SO36 ohne Bänke, mit Tanz und co. Ich bin mir sicher es gibt genug Gäste die Rainald Grebe und die Kapelle für Tanzbar halten.
Setlist Neuruppin:
John Maynard
Künstlerpension
Interview
Schnipsel
Glückwünscher
Das weiße Haar am Sack
Prenzlauer Berg
Bauernregel
Grapefruit Basilikum
Kinderbergwerk
Der Mensch ist weg
20. Jahrhundert
Typisch Deutsch
Massenkompatibel
Die 90er
Heimat
Konsument
Ausleben
Tod
